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Unterwegs in fremden Häfen sieht man vieles...

insbesondere was Flaggenführung angeht. Offenbar ist dies ein Thema, dass nur noch von betagten, weißbärtigen Freizeitkapitänen ernst genommen wird, die ihre Seemanschaft mit der Muttermilch verabreicht bekommen haben und denen bereite im Kleinkindalter aus diesem 'Handbuch für Segler herausgegeben vom Deutschen Hochseesportverband "Hansa" e.V.' zum Einschlafen vorgelesen wurde. Die Seemanschaft gibt es seit 80 Jahren in 32 Auflagen und auch die neueste enthält auf Seite 786 einenTeil über Yachtgebräuche. Darüber gibt es nicht einmal einen Eintrag bei Wikipedia! In der antiquarischen 12. Ausgabe von 1964 liest man auf Seite 489 zu diesem Thema über Flaggengebräuche folgendes:

Jede in Dienst gestellte Yacht muß die Nationalflagge bzw. die Flagge des Deutschen Segler-Verbands führen. Andere Flaggen dürfen auf Fahrzeugen , deren Eigner Deutsche sind, nicht geführt werden... also auch nicht die Flagge Niedersachsens. 

Vor Anker und in Fahrt bei geborgenen Segeln wird die Flagge an einem Flaggenstock am Heck gesetzt. Unter Segel wird die Flagge an der Großgaffel oder bei hochgetakelten Yachten am Großachterliek etwa ein Drittel von oben ... oder im Top des Besanmastes (geführt)... Aber wer hat heute noch eine Großgaffel?

Die Begrüßung von Yachten untereinander geschieht durch einmaliges "Dippen" ... Probiert das mal wenn ihr einem Schiff der Marine begegnen. Macht Spaß!

Jede in Dienst gestellte Yach muß, auch wenn sie keine ständige Besatzung hat,  den Stander eines der Vereine , bei denen sie eingetragen ist, führen. Der Stander weht bei Tag und Nacht... Der große Stander des Düsseldorfer Segler-Vereins kostet nur 18,-€.

Im Ausland weht an Steuerbord die Flagge des Gastlandes allein... Von der deutschen Nationale unter der Backbordsaling aus Solidarität steht da nichts.

Alle Flaggen sollen vom 1.Mai bis 30.September von 8 Uhr morgens ... bis zum Augenblick des Sonnenuntergangs wehen. Die Zeit des Niederholens, Flaggenparade, geben die im Hafen bzw. auf Reede liegenden Kriegsschiffe an...

Nein im Ernst, auch wenn man es selber nicht so genau nimmt, so kann es sein, dass man in anderen Ländern unangenehm auffällt. So wurden wir auf den Aaland-Inseln vor einigen Jahren angesprochen als wir von einer Radtour zurückkamen: "Es ist ihrer Aufmerhsamkeit vielleicht entgangen, aber es ist hier üblich, nachts die Nationalflagge wegzunehmen." oder auf Guernsey, wo tatsächlich von der Festung bei Sonnenuntergang ein Kanonenschuß zur Flaggenparade ruft. Wenn man nicht reagiert, gibt es wohl möglich einen schafen Schuß vor den Bug?

Die Angst, das Führen der deutschen Flagge könne als übersteigerten Nationalismus betrachtet werden, ist auch in sofern unbegründet, als es ein Gesetz zur Flaggenführung auf see und im Binnenland gibt.

Eine sehr gute Zusammenfassung zum Thema Flaggenetikette von Nikolas Woeckner findet sich bei Sail24.

Schließlich sieht es nicht schön aus und ist vielleicht auch unhöflich, wenn man die Gastlandflagge auf Halbmast setzt statt diese bis zur Saling vorzheißen. Trauerfälle ausgenommen.

Im wesentlichen bunt wirkt es, wenn alles was irgendwie wehen kann, gesetzt wird: Den Wimpel der Kreuzerabteilung, den der niederländischen Lebensrettungsgesellschaft (Koninklijke Nederlandse Redding Maatschappij), einen Reklamewimpel zum 50 jährigen Bestehen des Compaglieshaven in Enkhuizen, die Stadtflagge von Enkhuizen, und die Inselflagge von Terschelling. Und da ist noch Platz nach unten.

Die Liste ließe sich fortsetzen, aber was solls. Es ist noch kein Boot untergegangen weil die Flaggen falsch gesetzt waren, aber gute Seemanschaft geht anders.