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Von der Rheinwoche vor 100 Jahren gibt es noch das Programm und vergilbte Fotos in den Vereinsarchieven und  aus den vielen Jahren danach unzählige Anekdoten.



Damals erreichte man den Startort noch nicht per Auto mit Anhänger sondern man  ließ sich von einem Dampfschiff zu Regatten schleppten. Funktionskleidung wie heute gab es noch nicht. Bei Regen hatte man oft keinen trockenen Faden am Leib, geschweige trockene Vorräte. Die findigen Mertens-Brüder packten alles in Marmeladeneimer, die wasserdicht verschlossen waren, und legten sie in Bug und Heck ihres  "Zweiundzwanzigers", der J- Rennjolle. wenn sie nach einem geeigneten Schlepp Ausschau hielten.



Bliebt waren auch die 30 qm Binnenkielklasse, L-Boote und die Boote, die nach Yardstick segelten, auch wenn das damals noch nicht so hieß. Einmal fand sich ein Teilnehmer selbst nach Einrechung des Vergütungszeitfaktors nicht auf den vorderen Plätzen wieder. Aufmerksamen Beobachtern entging freilich nicht, daß dieses Boot während der Regatta bei Zons Halt machte, um frischen Kaffee zu holen. Um dieses Zeitdefizit auszugleichen, forderte der Eigner, einfach mehr "Verjütung"!

Diskutiert wurde immer schon - und natürlich hart gekämpft. Das beginnt bereits beim Start im Strom Wer da über die Linie treibt, kann nur noch hoffen, dass sich bei einem der vorbei gelassenen Konkurrenten der Spinnacker medienwirksam um das Vorstag wickelt, die Pinne bricht oder "den Steuermenschen der Schlag trifft" wie Agnes Pauli immer sagte.



Der Schiffsverkehr hat in den Jahren zugenommen, auch wenn es nicht mehr die kilometerlangen Schleppzüge gibt. Hatte man sich seinerzeit auf die falsche Seite verirrt, brauchte man nicht mehr mit einen Preis zu rechnen. Ein Segler soll sogar einmal die Seite gewechselt haben, indem er todesmutig über die unter Wasser durchhängende Schlepptrosse gefahren ist. Der Name wird nicht verraten.


Segeln auf dem Rhein heißt kreuzen. Mancher Bergfahrer wird angesichts der vielen Segler um ihn herum so nervös, dass er unentwegt das Signal-Achtung gibt. "Die Steuerleute sind alles erfahrene Segler" beruhigte einmal die Wasserschutzpolizei über Funk. Als ein Pirat ihn dann sehr knapp passiert, um das Schraubenwasser zu nutzen, hörte man den niederländischen Kapitän in Panik rufen: "Kinderen, dit zijn kinderen"

Am Ziel diskutieren die Segler und Seglerinnen bei einem Bier den Tag am ,,Männerkarussell": Hätte, hätte Ankerkette. Eine Rheinwoche ist eben auch eine sehr gesellige Veranstaltung, ein Wanderzirkus, der jeden Abend in einem anderen Hafen ist. Spät in der Nacht geht es dann in die "Koje". Vorbei die Zeiten, als man noch in Turnhallen auf der Luftmatratze nächtigte. Seit die Rheinwoche von der "Siebengebirge" und jetzt der "Eureka" begleitet wird, ist der Standard gestiegen. Es gibt ein Schlafdeck, wo auch die Umziehsachen mitgeführt werden.



Trotzdem stellt die Logistik Vereine und Teilnehmer jedes Jahr vor große Herausforderungen. Damals, als es noch keinen Shuttleservice gab, fragte ein Segler bei "Troll" an , ob man seinen Kulturbeutel mitnehmen könnten. Er brachte einen Seesack, Inhalt: ein Außenbordmotor. Am ende lagen zudem noch ein  duzend Reisetaschen, Segel- und  Seesäcke an deck und in der Kajüte.

Man erlebt viel, wenn man seit Jahren die Rheinwoche begleitet. Manchmal ist sogar das Fernsehen an Bord. Auf dem Wasser bieten sich immer wieder tolle Fotomotive.


 
Im Ernstfall muss es dann aber schnell gehen: Eine Shark mit gebrochenem Ruder vor einem talfahrenden Tankschiff, ein Seekreuzer verfangen an einer Tonne, ein Pirat auf einer Kribbe bei auflandigen Wind, Mastbruch bei einem Laser ... gut wenn dann ein Boot der DLRG oder Wasserwacht zur Stelle ist. Am Ende hängen dann mehrere Havaristen bis zum nächsten Etappenziel im Schlepp eines der großen Begleitboote. Gut wenn dann eine Auswahl an Ersatzteilen und Werkzeug zur Hand ist.

!00 Jahre Rheinwoche, 1000 Geschichten, 15000 Km sportliches Segeln auf der längsten Flußregatta Europas  und auch in diesem Jahr sicher wieder ein unvergeßliches Erlebnis für Teilnehmer und Zuschauer.