Egon, du hast dieses Jahr wieder einhand einen riesigen Törn von 3000 sm  gesegelt, bis in den Ladoga-See in Rußland.

Wie lange warst Du unterwegs?

"Am 10.Juni bin ich in Neuss losgefahren und war am 8 Oktober wieder zurück also mehr als 4 Monate."

 

 

Über die übliche Strecke, Duisburg, Rhein-Herne-Kanal, Dortmund-Ems-Kanal, Mittelland-Kanal, Elbe-Seiten-Kanal, Elbe und Elbe-Trave-Kanal erreichte die Ciruela eine Woche später Lübeck.

"In Neustadt habe ich dann den Mast gestellt."

"Weiter ging es über Großenbrode nach Darßer Ort."

Bist Du in Darßer Ort eingelaufen? Der Hafen war früher lediglich Nothafen, soll jetzt aber wegen Versandung gesperrt sein!

"Ich trau mich dann auch nicht, vielleicht bleibe ich stecken, oder werde weggejagt. Da habe ich geankert. Über Stralsund bin ich dann nach Dziwnow gesegelt, das war dann schon Polen Der nächste Hafen war Wladislawowo"

Das ist aber ein sehr langes Stück!

"Ja 146 sm. 24 Stunden bin ich da gesegelt, aber das lief einfach. Ich habe die Genua immer noch ein bißchchen kleiner gemacht, Zum Schluß stand nur noch 1/3, mehr nicht, und es lief immer noch mehr als 6 kn, der Wind kam aus WNW. Mit dem kleinen Segel ging sogar die Selbststeueranlage. Am nächsten Tag, dem  29.Juni,  war Starkwind aus Ost und da habe ich nur für den Strom bezahlt, 15 Zloty, kein Liegegeld. Das war wegen Sturm umsonst."

Am folgenden Tag um 12:25 ist Ciruela mit halber Genua wieder unterwegs und am folgenden Tag um 10:00 in Klaipeda (Litauen)  fest, noch mal 112 sm am Stück und als Maximum auf der Logge 14,2 kn.

"Das war wohl eine Welle runter. In der Weichselmündung stand richtig Welle, und da kommt mir eine Regatta entgegen. Mit 4 Leuten auf der Kante jumpen die da in den Wellen. Man konnte manchmal die Kiele sehen"

In Klaipeda gab es dann ein Wiedersehen mit Rimas Rintautas, dem Freund und Hafenmeister, und von ihm zur Begrüßung ein großes Stück Speck und Schinken.

Weiter ging es am 3 Juli schlappe 56 sm nach Liepaja (Lettland) 

"Da habe ich dann Joseph, einen Weltumsegler aus Ungarn, getroffen. Mit zwei Booten sind wir zusammen nach Ventspils und weiter nach Montu auf Saaremaa (Estland) gesegelt."

Vorbei an Tallinn führte der Kurs entlang der Küste Estlands.

"Ich habe öfters geankert, denn bei den Hafengeldern schlagen die Hafenmeister richtig zu, oft um 20 €"

Am 15. Juli wurde in Vergi ausklariert, denn ab nun galt das Visum für Rußland. Über Nacht ging es weiter Richtung Kronstadt. Um 4:15 geht die Sonne spektakulär auf, aber es dauert noch bis 19:00, bis Ciruela im Hafen vertäut ist.

In St Petersburg öffnen die Brücken über die Newa nachts und man kann mit stehendem Mast weiterfahren. Allerdings kostet der Lotse 150 €. Die hat Egon gespart und kurzerhand den Mast gelegt. So konnte er tagsüber und ohne Lotsen fahren. Alte russische Karten hatte er aus einem Archiv bekommen. Nachmittags geht es 14 sm gegen ca. 3 Kn Strömung Newa aufwärts, wie auf dem Rhein, nur viel breiter. Nach 5 Stunden fällt hinter der letzten Brücke der Anker für die Nacht.

"Morgens weckt mich das Spektakel von zwei Vögeln an Deck. Es ist aber nicht nur beim Geräusch geblieben. Nachher an Deck alles besch...".

Weiter auf der Newa erreicht Egon am 23 Juli Schlüsselburg am Ladoga-See. Dort liegt die Festung Oreschek, auf der gerade ein Mittelalterfestival mit Ritterspielen stattfindet.   

Am gegenüber liegenden Ostufer ist in Koshkino ein neuer Hafen entstanden.

"Alles noch ganz neu und leer. Da ist aber auch noch nichts betonnt. Der Hafen selber hat 3m Tiefe, aber in der Einfahrt bin ich beim Einlaufen aufgesetzt. Beim Auslaufen war es noch schwieriger. Ich mußte haarscharf an einem Kutter entlang, bis ich wieder in tiefem Wasser war und weiter segeln konnte, Ziel: Die Insel Konevts mit einem Kloster".

Wenn man kein eigenes Boot dabei hat, erreicht man die Insel von Vladimirovka aus.

Der Norden des Ladoga-Sees ähnelt den finnischen Schären. Das Wetter spielt mit:

" ... und bei schönem Wetter braucht man nicht zu segeln. Ich ankere, schwimme im 15° kalten Wasser. Dafür hat die Luft 29°."

Mit 61° 8' N 29° 57' O  erreicht Egon mit Ciruela den nord-östlichsten Punkt der Reise. Es ist Anfang August und Zeit an die Rückreise zu denken. Der Abschied fällt leicht, denn es regnet und es ist kein Wind. Also heißt es: Motoren. Nach 183 sm auf dem Ladoga-See geht es wieder mit gelegtem Mast locker Newa abwärts.

"Schönes Wetter. Da kommt eine riesen-schwarze Wolke. Da geht es wohl gleich los. Aber nichts! Nur ein bißchen Wind und als die Wolke vorbei ist wieder Flaute und schönstes Wetter. Und das passierte zwei Mal hintereinander innerhalb von zwei Stunden! Ganz eigenartig!"

Am 8 August steht der Mast wieder und es geht an der finnischen Küste entlang und weiter zu den Aaland-Inseln. Auf dieser Strecke kann man abends auf die Karte schauen und findet innerhalb weniger Meilen einen geschützten Ankerplatz. Egon ist autonom und hat noch einen Kanister mit 12 l Diesel, den er für die letzten Rubel in Rußland erstanden hat. Die sollen jetzt in den Tank. Aus ersehen landen etliche Liter im Trinkwassertank. Was für eine Sauerei. Erst muß das Wasser abgelassen werden und dann die Dieselschicht wieder zum Entsorgen in die Kanister. Glücklicherweise hat der Trinkwassertank einen Inspektionsdeckel und kann so ausgewaschen werden.

"Am 19. August bin ich bei Kotka und fange 2 Barsche. Ein Sonntagsessen."

Am 21. August wird Helsinki erreicht:

"Vorbei an den großen Eisbrechern bin ich durch bis in den Nordhafen beim weißen Dom. Die Ausleger waren mehr als einen Meter breit, 50€ die Nacht Liegegeld! An der Mauer mit Heckboje waren es dann nur noch 18 €, Sauna inklusive."

Am 1 September ist in Mariehamn die Saison bereits zu Ende. Der ASS Hafen ist fast leer und es kostet kein Liegegeld mehr. Durch die westschwedischen Schären erreicht Ciruela Mitte August Borgholm auf Öland.

"Am 17. September liege ich im einsamen Hafen von Utklippan. Da kommt ein Großsegler. Ich denke, was macht der für ein Theater? Warum verscheucht er den Segler vom gegenüberliegenden Kai? Nachher wußte ich es: Dort gab es Strom. Es dauerte nicht lange, da wehte die frisch gewaschene Wäsche im Wind"

 

11 Stunden bei Flaute über die Hanö-Bucht motort, und Ciruela ist fest im Hafen von Brantevik. Davor ist eine kleine Untiefe. Ein guter Fischgrund? Ein sehr guter! Innerhalb kürzester Zeit liegen 9 Dorsche im Cockpit, wobei der Größte mit fast 90 cm Länge entkommen ist:

"Ich war hin und weg.! Statt daß ich den Kescher zur Hilfe nehme, ziehe ich ihn einfach so aus dem Wasser und da reißt die Schnur"

Ystadt, Hesnaes (Falster/ Dänemark), Großenbrode, Neustadt waren die nächsten Stationen der Heimreise. Hier kam Regine für die Kanalfahrt mit an Bord. Am Sonntag den 8 Oktober legt Ciruela wieder im Heimathafen an.

Hat sich die lange Reise gelohnt?

"Einfach mal dort segeln. Wenn das Wetter besser mitgespielt hätte, wäre es noch schöner gewesen. Und die finnischen Schären sind fantastisch. Ankerplätze ohne Ende. Es waren viele schöne Erlebnisse, unheimlich abwechslungsreich. Mit den Russen bin ich auch gut klargekommen. Die Russen sind sehr freundlich."