Aus  "Süddeutsche Zeitung N.138 1978"

Oma liebt die steife Briese

                                                                                                   Düsseldorf (Reuter)

Für Deutschlands wohl älteste aktive Seglerin ist das Wetter erst richtig schön, wenn eine steife Brise weht. „Der Wind ist mein Motor“, sagt die 82jährige Agnes Pauli aus Düsseldorf, die einen hilfreichen Außenborder genauso ablehnt wie einen Trailer, der ein Segelboot hinter einem Auto „Huckepack“ von Revier zu Revier befördert. Agnes Pauli gelangt mit ihrem Boot stets aus eigener Kraft zum Austragungsort einer Regatta - und wenn sie dafür eine ganze Woche benötigt. Allerdings segelt die alte Dame grundsätzlich nur auf dem Rhein.

Für Deutschlands wohl älteste aktive Seglerin ist das Wetter erst richtig schön, wenn eine steife Brise weht. „Der Wind ist mein Motor“, sagt die 82jährige Agnes Pauli aus Düsseldorf, die einen hilfreichen Außenborder genauso ablehnt wie einen Trailer, der ein Segelboot hinter einem Auto „Huckepack“ von Revier zu Revier befördert. Agnes Pauli gelangt mit ihrem Boot stets aus eigener Kraft zum Austragungsort einer Regatta - und wenn sie dafür eine ganze Woche benötigt. Allerdings segelt die alte Dame grundsätzlich nur auf dem Rhein.

Der Düsseldorfer Weltumsegler Wilfried Erdmann, der mit seiner Kathena gerade wieder irgendwo in der Südsee unterwegs ist zollt Agnes Pauli, die er ohne jegliche Ironie als „tolle Segleroma“ bezeichnet, größten Respekt. Denn eine Olympia-Jolle, die sie seit 1938 segelt, ist viel schwieriger zu manövrieren als die vergleichsweise gemütliche Jacht eines Seglers auf großer Fahrt.

Der Anfang war schwierig, weil junge Damen während der zwanziger Jahre als „Mannweib“ verteufelt wurden, wenn sie in urmännliche Domänen einbrachen wie den Segelsport. Bevor ihr die Herren des „Württembergischen Segelclubs“ am Bodensee 1927 gnädigst gestatteten, in ihren erlauchten Kreis einzutreten, hatte sie ein kurzes - und viel belächeltes - Gastspiel im „Segelcluh Rheingau“ gegeben. Heute weiß sie nicht mehr so ganz genau, wieviele Preise sie für gewonnene Regatten eingeheimst hat. „Ein ganzer Schrank ist voller Pokale - und was da nicht drin steht, ist im Krieg verbrannt“, sagt Agnes Pauli, die Wert darauf legt, mit „Fräulein“ angeredet zu werden. Mit dem Gedanken an eine eigene Familie hat sie sich nie befreunden können, denn ihre Liebe zum Wind war stets stärker.

Die Frau, die ihren A-Schein, heute der Führerschein für Binnenschiffahrt, 1939 machte, fühlt sich heute manchmal ein wenig fehl am Platze, wenn sie die Heersdaar der finanzkräftigen Freizeitsegler beobachtet, die ihren Sport mehr als Prestigeangelegenheit betreiben. Wenn die an Deck ihren Fünf-Uhr-Tee schlürfen, schüttelt Agnes Pauli ein Wenig mitleidig den Kopf und fragt sich: „Warum machen die das nicht zu Hause?“

Siehe auch Festschrift 75 Jahre DSV Seite 48

und Agnes-Pauli-Preis