Es ist wunderschön hinter den Nordseeinseln durchs Watt zu fahren. Man hat kaum Wellen und sieht Seehunde aus nächster Nähe. Allerdings muß man mit eimem Tiefgang von 1,4 Meter genau rechnen. Ein Plattbodenschiff wäre sicher reviergeeigneter. So ist Respekt vor der Tücke des Reviers angebracht und man darf nicht schlampig navigieren, sonst fragt man sich bei Grundberührung "wat war denn dat"? Liest man in einschlägigen Foren über das " Bosch-Gatt", so findet man dort zwar auch brauchbare Hinweise aber auch viel Blabla. Stil und Inhalt der Beiträge schrecken mich eher ab. Wir waren Ende Juni 2019 da. Hier unsere Erfahrungen.

Wir waren nicht zum ersten mal im Watt und einige Erlebnisse liegen hinter uns,  So haben wir 2017 nach Ansteuerungstonnen gesucht, die wenige Tage zuvor verlegt worden waren.

Merke: Die Gewässer ändern sich ständig und selbst die neueste Karte, ob Papier oder elektronisch, ist nicht verläßlich. In deutschen Gewässern sollte man stets ein Auge auf die Bekanntmachungen für Seefahrer bei ELWIS haben (Diese WebSite ändert sich allerdings fast so oft wie die Wattfahrwaser). eine entsprechende Information für die niederländischen Gewässer sind die Berichten aan Zeevarenden vom niederländischen Ministerie for Defensi. Ansonsten gilt: Genau nach den Tonnen oder Pricken Ausschau halten, danach fahren und sich nicht verwirren lassen. Keinesfalls blind dem Kartenplotter vertrauen.

Das Wattfahrwasser hinter Terschelling ist für uns eigentlich tief genug. So hatten wir es zumindest errechnet und dabei natürlich Nipp/Springzeit sowie den Unterschied zwischen NAP und LAT berücksichtigt. Als wir uns dem Wattenhoch ca 90 Minuten vor der errechneten Hochwasserzeit näherten, ging das Echolot auf Null und wir wurden sanft gebremst. Ohne Welle und bei steigendem Pegel kein Problem. Also ankerten wir eine halbe Stunde und schafften es dann in Schleichfahrt und vorsichtigen Zickzack vonPrielrand zu Prielrand über das Wattenhoch. Die Ursache für die geringe Wassertiefe fand sich darin, dass seit Tagen stärkerer Ostwind das Wasser aus der Nordsee gedrückt hatte und der Wasserstand 30 cm niedriger als normal war!

Merke: Nie unmittelbar an den Pricken entlang fahren, denn die stehen bereits im Flacheren.

Merke: Der Wind kann den Wasserstand stark beeindflussen. Für die niederländischen Gewässern gibt waddendata.nl diese Wasserstandsdifferenz zum Astronomischen Wasserstand. Man fährt allerdings "voor eigen risico". Es gibt auch eine entsprechende Seite mit Wasserständen an deuschen Küsten  vom Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie. Auch diese "ohne Gewähr".

Die Stichting Nautin gibt umfangreiche informationen, insbesondere Lotungen für den Bereich der niederländischen Wattfahrwasser. Für das Deutsche Watt gibt die Seite von Wattenschipper Anhaltspunkte zur Tiefe der Wattfahrwaser.

Nautin ist eine Stiftung und gibt es viele sehr gute kostenlose Informationen, z.B. Strömungskarten.  Als Donateur kann man die App "Quicktide" herunterladen, die die realen Tidenverläufe zeigt. Eine Spende kann sich also lohnen und  ist in jedem Fall billiger als Grundberührung bei Welle.

 

Danach ging es weiter durch das Osterstrom Gat bis zum Abzweig in die Blauwe Balg. Von dort heißt das Fahrwasser Boschgat. Uns erschien das Wattfahrwasser Blauwe Balg zwar als ruhig aber auch als sehr flach, zumal die Sandbank weit herausschaute und das Wasser bereits ablief. Auch hatten wir vor Jahren miterlebt, wie hier eine auf Grund gegangene Yacht von der KNRM abgeborgen wurde. Also folgten wir den Tonnen des Boschgatt. Je weiter wir Richtung See kamen um so bedrohlicher wirkte an Backbord die schäumenden Brandung auf den vorgelagerten Sänden.

Bei Tonne BG10 zweigt das Boschgatt nach neuester elektronischer Karte (isailor siehe oben) rechtwinklig nach Nordwesten ab. So weit wir sehen konnten gab es da nur furchteinflößende Brandung. Also dachten wir mitlerweile etwas verunsichert:  Nicht blind nach Plotter fahren (siehe oben) und Ausschau halten nach der nächsten realen Tonne. Die war dann auch bald gefunden, grün und ein kurzes Stück weiter nach Nordosten. Als wir bei unserer letzten Tour hier fuhren, verlief das Boschgatt auch in dieser Richtung, wie unsere zwei Jahre alte Ersatzkarte noch zeigte. Bei der Weiterfahrt wurde es dann in der Welle zwischenzeitlich unangenehm flach. Als wir die Tonne erreichten sahen wir, dass diese, WA17, bereits zum Fahrwasser Westgatt gehörte. Wir hatten mehr als 3 sm abgekürzt und waren über ein Flach geschliddert.  Beide Fahrwasser laufen, nur getrennt durch Sände,  in einem Abstand von weniger als einer Seemeile nebeneinander her. Wir hätten eigentlich duch das schmales Tief mit Brandung zu beiden Seiten ca. 1,6 sm hinaus seewärts und durch das Westgatt wieder zurück gemußt. Ein unverzeihlicher Anfängerfehler? Tatsächlich wäre die Blauwe Balg die bessere Option gewesen.

Merke: Nie von älteren Karten verwirren lassen! Aber auch nie zu sicher sein!

Merke: Selbst bei wenig Wind steht in den Segatten oft noch eine unangenehme alte Dünung. Im Zweifel zurückfahren, wenn es unverantwortlich flach wird.

Am folgenden Tag vom Leuchtturms aus ca 50 m Augenhöhe betrachtet, lagen Seegatten und Tonnen volkommen klar vor uns.  Dieses Erlebnis hat uns gezeigt, dass man nie umsichtig genug sein kann und alle Informationen, die einem zur Verfügung stehen, einbeziehen und klug abwägen muss. Bei aller Erfahrung bleibt immer ein Restrisiko: Menschliches Versagen

Merke: Die besten Kapitäne gibt es immer an Land und in Foren.