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4 Jahrzehnte lang sind wir im Sommer gesegelt und haben Reviere in Deutschland, den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Norwegen, Belgien, England und Frankreich erkundet. Wir wollten uns noch nicht vollends vom Wasser verabschieden und kaufen daher im Herbst 2015 ein Motorboot, eine ONJ, Kunststoff, 10.20 Meter lang, 3.40 breit, ,Tiefgang 1.10, Höhe bei gelegtem Mast 2.35, mit solider Gummi-Scheuerleiste und über 300 PS, ein seetüchtiger Halbgleiter. Wir nennen es Mercurius und wollen mit ihm Binnengewässer erkunden, aber auch mal richtig Gas geben und eine längere Strecke auf See bewältigen können.

Mercurius wurde in 2002 gebaut und ist in gutem Zustand. Wir benötigen aber einige neue Instrumente, Techniker von Yanmar und Simrad kommen daher in Büsum an Bord und machen das Schiff reisefertig. Nach dem Winterlager in Meldorf  liegen unsere – noch beide - Schiffe hintereinander am Steg.

 

Unser erster Törn führt uns kurz von Büsum nach Helgoland und zurück. Mit gemütlichen 12 kn lernen wir bei aufkommendem Nebel die Vorzüge eines Radars schätzen. Diesel kaufen auf Helgoland hat seine Vorteile, denn Tanken hat nun für das Hobby eine essentielle Bedeutung!

Der Leuchtturm Ryvingen ist so ziemlich der südlichste Punkt der Norwegischen Küste und ab jetzt geht es im wesentlichen nach Osten. Nur dumm wenn der Wind mit etwa 5 Bft. von dort kommt, denn: Gentleman don't sail to the Wind". Also warten wir auf günstigeren Wind indem wir schöne, kleine Buchten zum Ankern auf der Seekarte aufsuchen. Und davon gibt es wirklich unzählige. Die Seekarte im Maßstab 1:50000 reicht in der Auflösung oft nicht aus und so tasten wir uns mit Echolot und  iSailor, dem elektronischen Kartenplotter auf dem iPad, genannt "der Elektroschocker" in Buchten, die wir früher nicht in Betracht gezogen hätten. 

Wenn bloß die Sonne nicht so hell wäre :-) könnte man sogar etwas erkennen. Dabei sollten wir doch froh sein wenn sie scheint!

Aprilwetter ist nichts dagegen. Dafür gibt es hier praktisch keine Gezeiten nach denen man sich richten müsste. Also entwickeln wir eine neue Strategie: wir segeln nur noch wenn es nicht regnet. Im Zweifel warten wir eben bis Mittag und segeln erst dann. Lange hell genug ist es ja in diesen Breiten.

Nach diesem Muster werfen wir in Kvitsøy die Leinen los und segeln mit einem frischen Nordwest Kurs Süden. Dabei bietet die Küste von hier bis Kap Lista keinen Schutz und die Wellen können sich bei Wind ungehindert auftürmen. Wie sagte der Hafenmeister so treffend, als Troll wieder einmal das kleinste Segelboot im Hafen war: "Auf See sind alle Schiffe klein". 

EDie Strecke von 49 sm legen wir in 9:39 Stunden zurück und erreichen gegen 20:00 den Hafen von Egersund. Es ist seltsam in einen Hafen zu kommen, den man kennt und so erliegen wir dem Wiederholungszwang und gehen im "Little India" essen. Nicht unbedingt typisch "norsk" aber sehr lecker! 

Am nächsten Morgen, einem Samstag, kaufen wir noch etwas ein. Schade, dass wir keinen Hund dabei haben. HIer gäbe es das passende Futter!

Habe soeben das Buch "Sturmwarnung" ausgelesen, die Lebenserinnerungen von Kapitän Schwandt. WIrklich empfehlenswert. Im Vorwort der Text eines Liedes von Johnny Cash "Someday my ship will  sail". Frei übersetzt
Das Leben ist ein vergänglicher Moment
auf einer unendlichen Bahn
 FÜr eine Weile hinterlasse ich Spuren.
Dann segelt mein Schiff, irgendwann.
 
Interessiert Euch der Originaltext ...

So lange wie es gedauert hat in den längsten Fjord Norwegens, den Hardangerfjord,  hineinzufahren, so lange brauchen wir zurück: 3 Tage. Besonders weil mal Flaute herrscht oder wir aufkreuzen müssen.

Am Dienstag dann ein besonderes Erlebnis: Seenebel! Was wir zunächst für eine graue Regenwolke gehalten hatten senkt sich innerhalb von Minuten auf Augenhöhe und wir haben nur noch wenige 100 Meter Sicht. Der Kartenplotter und AIS vermitteln eine trügerische Sicherheit und man könnte weiterfahren, aber will man das in einer Luft wie aus einer kalten Blumenspritze. WIr beschließen nach alter Schule auf Sicherheit zu gehen und finden in der Nähe einen geschützten Ankerplatz Im Süden von Bømlo.

Zum Haugesund gibt es keine Alternative, denn zum Festland hin gibt es keine Durchfahrt.

Nach der geschäftigen Stadt suchen wir uns auf unserem Weg zum Hardangerfjord, dem längsten Fjord Norwegens, einsame Ankerplätze. 

 

Wir sind nun in den 60ern und das nicht nur altersmäßig sondern geografisch, denn Bergen liegt auf 60 Grad 25' . Hier wird unser nördlichster Punkt auf dem Törn sein, und die Stadt beeindruckt: 

da ist Historie mit den alten Holzbauten von Bryggen und der Hanse;

da ist Kultur mit Museen und Musik, von Grieg bis zu Folk auf der Hardangerfiedel und Akkordeon;

da ist lebhafter Betrieb und Tourismus von den vielen Kreuzfahrtschiffen;

da ist Versorgung einer Großstadt vom Flughafen bis zum Fischmarkt; und

da ist die Natur mit den Inseln, Fjorden und über 400 m hohen GIpfeln wie dem Floyen, auf den eine Schrägseilbahn hinaufführt;

... ihr ahnt es: Bergen. Dort regnet es angeblich an 260 Tagen im Jahr. Und da sind wir nun angekommen. 

 

Doch der Reihe nach...